Elektronische Anfrage vom 8. Dez. 2006 (Name geaendert): Sehr geehrter Herr Professor Hollatz, gegenwärtig studiere ich Informatik und habe Mathe I bis III im Wintersemester 2004 bis zum Sommersemester 2005 bei Ihnen gehört. In etwa einem Jahr möchte ich für ein Semester im Ausland studieren und daher bewerbe ich mich momentan bei einigen Stipendienprogrammen, unter anderem auch bei der Friedrich Naumann Stiftung. Für eine Bewerbung um einen Stipendium ist es nötig, zwei Beurteilungen eines Professors mit abzugeben. Würden Sie eine solche Beurteilung für mich unterzeichnen? Falls ja, wäre es schön, wenn ich Sie in den nächsten Tagen anrufen könnte um weiteres zu besprechen. Freundliche Grüße S. C. Hallo S., gern antworte ich auf Deine Anfrage. Zunaechst bin ich ueberrascht, dass Du Umlaute in einer elektronischen Nachricht verwendest, obwohl ich in meinen Vorlesungen bereits im 1. Semester begruende, warum man dies nicht tun sollte. Offenbar warst Du abwesend oder ignorierst meine Ratschlaege. Du schreibst, dass Du Mathe I bis III innerhalb von 2 Semestern bei mir gehoert hast. Wie soll ich das verstehen? Ich kann das nur so deuten: Du hast ein Semester ausgelassen. Weiter schreibst Du, dass Du Dich bei einigen Studienprogrammen bewirbst. Sicherlich weisst Du, dass man sich bei einer Stiftung fuer ein Studienprogramm bewirbt. Ausserdem enthaelt der Satz einen Plural-Fehler. Im naechsten Satz behauptest Du, dass zwei Beurteilungen eines Professors abzugeben sind. Dieser Satz enthaelt auch gleich zwei Fehler: Es werden unabhaengige Beurteilungen von zwei Professoren verlangt; diese sind nicht zwingend abzugeben (dazu muesste man hinfahren), sondern einzureichen. Vielleicht ist der folgende Satz ein Hoehepunkt Deiner Anfrage: Du erwartest von mir keine Beurteilung; es reicht Dir schon, wenn ich eine unterschreibe! Mit dem letzten Satz beweist Du mir, dass Du die Woerter 'koennen' und 'duerfen' nicht unterscheiden kannst. Deine mir vorliegenden Anfrage zeigt, dass Du das von mir angestrebte Studienziel nicht annaehernd erreicht hast. Du darfst diese Kommentierung als Beurteilung verwenden. Mit feundlichen Gruessen H. Hollatz Lieber Herr Professor, verbindlichen Dank für Ihre durchschlagend positive Antwort. Selbstverständlich gehen Sie konform mit diversen Lehrmeinungen hinsichtlich der Sprache. Zweifellos sollte ich mich prägnant ausdrücken und sprachlich profilieren. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang Ratschläge, über die ich besonders dann nachdenke, wenn Sie von erfahrenen Menschen, z.B. Hochschullehrern, kommen. Entschuldigen Sie die Nichtbeachtung Ihrer Empfehlung hinsichtlich der Umlaute. Im deutschsprachigen Raum ist einschlägige Software seit Jahren so verbreitet, dass die Kommunikation mit Umlauten üblich ist [vgl. Goethe-Institut, Ber. 532/EDV; http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg25717.html http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg25737.html und Andere]. Der korrekte Zeichensatz ist im Header meiner Mail angegeben, sodass jedes Mailprogramm, welches die vorhandenen Standards korrekt umsetzt, diese Zeichen korrekt darstellen kann. Vor dem Hintergrund, dass ich an einen Deutschen im deutschsprachigen Raum geschrieben habe, bin ich von Ihrer Reaktion in diesem Punkt irritiert. Zu meiner Schande stelle ich bei erneutem Lesen fest, dass Ihre Hinweise zutreffen und meine Formulierungen in wesentlichen Teilen falsch oder unscharf waren. Erlauben Sie mir bitte dennoch die Anfrage, ob „Wintersemester 2004“ hinreichend die Variante Wintersemester 2003-2004 oder 2004-2005 beschreibt. Hier kann man eine gutwillige und eine böswillige Deutungsmöglichkeit finden; für den Hochschulpädagogen entfällt die böswillige. Wo bleibt der Deutungsspielraum, wenn ich von drei Semestern spreche? Welche Erklärung gibt es für das Wort „feundlichen“? Google fragt nach alternativen Worten, im Duden fand ich es nicht. Gern hätte ich Sie angerufen, und mich persönlich in Erinnerung gebracht. Entschuldigen Sie bitte meine Mail vom 8. Dezember 2006. Freundliche Grüße S. C. Hallo S., ich werden versuchen, Deine neue elektronische Nachricht zu analysieren, um Dir dadurch eine Antwort zu geben. Deinen ersten Satz kommentiere ich nicht, weil er ungehoerig ist. Fuer mich ist es erstaunlich, wie kompetent Du Dich fuehlst: Du bist ueberzeugt, dass ich konform mit diversen Lehrmeinungen hinsichtlich der Sprache gehe. Diese Ansicht teile ich nicht; Du bist ein guten Beweis dafuer, dass dem nicht so ist. Mir scheint, dass das Wort Lehrmeinung in den letzten Jahren verstaerkt negativ besetzt wurde, so dass Deine Aeusserung auch anders deutbar ist. Du stehst offenbar mit dem Verwenden von Fremdwoertern auf Kriegsfuss: Es muss praezise heissen und nicht praegnant. Groesseren Raum nimmt Deine Meinung zur Verwendung von Umlauten in elektronischen Nachrichten ein. Du versuchst sogar, mich mit Zitaten zu beeindrucken (oder einzuschuechtern?). Deine Einlassung geht aber am Problem vorbei. Zunaechst haettest Du Dir den erweiterten Header meiner Nachricht ansehen koennen, um festzustellen, dass ich meine Nachrichten von web.de erhalte, wo sehr viele Internet-Nutzer angemeldet sind. Sie alle haben wohl das gleiche Problem mit den Umlauten. Wenn man einen Umlaut-Umsetzer anwenden wuerde, entsteht das bekannte Problem im internationalen Nachrichtenverkehr. Dein Deutungsvorschlag hinsichtlich Wintersemester ist der hilflose Versuch, einen Satz zu retten, der nicht rettbar ist: Du hast naemlich 'im Wintersemester' geschrieben, was bekanntlich eine Abkuerzung von 'in dem Wintersemester' darstellt; darin steckt der bestimmte Artikel, folglich hast Du von genau einem Wintersemester gesprochen. Kurzum: Es gibt keinen Deutungsspielraum. Entschuldige bitte den Druckfehler; auch ich bin nicht vollkommen. Du solltest lernen, dass es einen Unterschied zwischen Worten und Woertern gibt. Mit freundlichen Gruessen H. Hollatz